- Was sind die Aufgaben der Milz?
- Bei welchen Erkrankungen muss die Milz entfernt werden?
- Wann kann es zu einer Unterfunktion der Milz kommen?
- Warum erkrankt man bei Asplenie häufiger an lebensbedrohlichen Infektionen (Sepsis)?
- Wie ist das Risiko für schwere Infektionen bei Asplenie?
- Wie kann man sich schützen?
- Welche Impfungen sind bei Asplenie sinnvoll?
- Wann gibt man Antibiotikaprophylaxe?
- Was sind Warnsymptome für eine schwere Infektion und was ist dann zu tun?
- Was muss man noch beachten?
1. Was sind die Aufgaben der Milz?
In der Milz werden Bakterien, Viren und Parasiten aus dem Blutstrom filtriert, von Fresszellen aufgenommen und anderen Zellen des Immunsystems präsentiert. Bestimmte Abwehrzellen, die für die Bildung von Antikörpern verantwortlich sind (B-Zellen) reifen nach dem Kontakt mit den Erregern weiter aus und produzieren maßgeschneiderte Antikörper gegen die Infektion. Eine weitere Funktion der Milz ist die Entfernung von defekten oder überalterten roten Blutkörperchen (Erythrozyten) aus dem Blutstrom.
2. Bei welchen Erkrankungen muss die Milz entfernt werden?
Verschiedene Grundkrankheiten können es erforderlich machen, dass die Milz operativ entfernt werden muss. Hierzu gehört die Milzquetschung im Rahmen von Unfällen, Tumore im Bauchraum, die in die Milz oder in Milzgefäße einwachsen, Erkrankungen der blutbildenden Organe, wie beispielsweise Leukämie und Lymphdrüsenkrebs (Lymphom). Auch bei einer Milzüberfunktion, bestimmen Anämien (Blutarmut) und Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) muss gelegentlich eine Entfernung der Milz erfolgen. Selten kann dies auch bei sogenannten Autoimmunerkrankungen (z.B. systemischer Lupus erythematodes) erforderlich sein. Sehr selten fehlt die Milz durch eine angeborene Anlagestörung.
3. Wann kann es zu einer Unterfunktion der Milz kommen?
Bestimmte Erkrankungen der blutbildenden Organe wie z.B. die Sichelzellanämie können zu einem Funktionsverlust der Milz führen. Gleiches gilt für Patienten, die eine Stammzelltransplantation im Rahmen der Behandlung von Leukämien oder Lymphomen erhalten. Eine chronische Hepatitis (Leberentzündung), chronische entzündliche Darmerkrankungen und die einheimische Sprue (eine chronische Erkrankung des Dünndarms) können gelegentlich ebenfalls mit einer Unterfunktion der Milz einhergehen. Die Milzfunktion kann auch durch ein Gerinnsel der Milzvene, Bestrahlung der Milz oder Verödung (Embolisation) der Milzarterie eingeschränkt sein. Milzfunktionsstörungen kommen gelegentlich auch beim variablen Immundefektsyndrom (CVID) vor.
4. Warum erkrankt man bei Asplenie häufiger an lebensbedrohlichen Infektionen (Sepsis)?
Bei Patient*innen mit Asplenie kommt es zur Störung der Filterfunktion und Ausreifung von bestimmten Zellen des Immunsystems (B-Zellen). Die Folge ist eine höhere Empfänglichkeit für Infektionen (weil weniger Antikörper zur Abwehr solcher Erreger produziert werden) mit bekapselten Bakterien wie den Erregern der Hirnhautentzündung und der Lungenentzündung (Pneumokokken, Meningokokken, Haemophilus influenzae). Diese Infektionen können bei Patienten ohne oder bei schlecht funktionierender Milz lebensbedrohlich verlaufen und werden dann Sepsis (Blutvergiftung) genannt. Bei der Sepsis aufgrund einer Asplenie überschreiten Bakterien die normalen Körperbarrieren und dringen in den Blutstrom ein. Das wird im Volksmund auch Blutvergiftung genannt.
5. Wie ist das Risiko für schwere Infektionen bei Asplenie?
Die Entfernung der Milz kann in der Regel durch das körpereigene Immunsystem ausgeglichen werden. Gelegentlich kann es aber zu schweren Infektionen und Sepsis kommen. Das Lebensrisiko für eine lebensbedrohliche Infektion wird mit 5% angegeben, wobei das Risiko in den ersten drei Jahren nach Milzentfernung am höchsten ist. Ein erhöhtes Risiko besteht weiterhin bei Kindern, bei Patient*innen mit Lymphom, nach Stammzelltransplantation, bei Chemotherapie oder Bestrahlung sowie bestimmten Erkrankungen der blutbildenden Organe (Thalassämie).
6. Wie kann man sich schützen?
Die wichtigste Maßnahme zum Schutz vor schweren Infektionen ist die Impfung. Weitere Maßnahmen sind eine frühe Antbiotikatherapie bei Fieber und in manchen Fällen eine Dauergabe von Antibiotika (Prophylaxe). Jeder PatientIn sollte über seine/ihre Erkrankung Bescheid wissen, seinen/ihren Arzt/Ärztin darüber informieren und wissen, was man bei Warnsymptomen einer Infektion tun muss. Jeder PatientIn mit Asplenie sollte einen Notfallpass bei sich tragen, der behandelnde Ärzte über den bestehenden Immundefekt informiert.
7. Welche Impfungen sind bei Asplenie sinnvoll?
Bis auf wenige Ausnahmefälle sollten alle Patient*innen mit Asplenie geimpft werden. Da schwere Infektionen bei fehlender Milz oft von Pneumokokken verursacht werden, ist diese Impfung besonders wichtig. Es gibt derzeit drei empfohlene Impfungen für Pneumokokken (PCV-20/Apexxnar®, PCV-13/Prevenar®, PSV-23/Pneumovax-23®). Derzeit gilt eine aufeinanderfolgende Verabreichung von PCV-20 oder PCV-13 und anschließend PSV-23 als Standardvorgehen. Auch gegen Meningokokken muss geimpft werden. Die wichtigsten Meningokokkenimpfstoffe sind MCV-C (Menjugate®, NeisVac-C®, Meningitec®) und MPV-ACWY (Mencevax ACWY®). Weiterhin wird eine Impfung gegen Haemophilus influenzae empfohlen. Patient*innen mit Asplenie sollten ebenfalls jedes Jahr gegen Grippe geimpft werden. Über die Details des Impfplans können Sie sich bei Ihrem Hausarzt informieren oder in den Fachinformationen auf dieser Internetseite.
8. Wann gibt man Antibiotikaprophylaxe?
Unter Antibiotikaprophylaxe versteht man die vorbeugende Einnahme eines Antibiotikums. Bei Kindern mit Asplenie wird wegen des erhöhten Risikos eine Antibiotikaprophylaxe für 3 Jahre nach Entfernung der Milz empfohlen. In Sonderfällen kann diese auch länger durchgeführt werden. Bei Erwachsenen gibt es keine generelle Empfehlung zur Antibiotikaprophylaxe. Ausgewählte PatientInnen können aber von einer Antibiotikaprophylaxe profitieren. Genauere Informationen hierzu finden sich in der Leitlinie „Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie.
9. Was sind Warnsymptome für eine schwere Infektion und was ist dann zu tun?
Schwere Infektionen können sich bei Patient*innen mit Asplenie oft abrupt, manchmal innerhalb weniger Stunden entwickeln. Deshalb sollte jeder Patient die Warnsymptome einer Sepsis (Blutvergiftung) kennen. Hierzu gehören:
- Fieber > 38ºC oder Schüttelfrost
- Beschwerden eines schweren grippalen Infekts
- akute Verwirrtheit, Benommenheit, Kopfschmerz
- Starke Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall
- Herzrasen und Schwindel
Falls Patient*innen mit Asplenie diese Symptome bei sich bemerken, sollten sie sofort ihren Hausarzt oder die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses aufsuchen. Falls das nicht möglich ist, sollten die PatientInnen umgehend ihr Notfallantibiotika einnehmen. In jedem Falle muss bald ein Arzt zur weiteren Abklärung des Krankheitsbildes aufgesucht werden. Damit eine Notfallantibiotikatherapie reibungslos durchgeführt werden kann, sollten alle PatientInnen ein Rezept für ein entsprechendes Antibiotikum ausgestellt und das Antibiotika zuhause vorrätig haben, das auch auf Reisen mitgeführt wird. Auch ist darauf zu achten, dass der Vorrat regelmäßig gemäß dem Verfallsdatum des Präparats erneuert wird.
10. Was muss man noch beachten?
Neben den o.g. Infektionen können Patient*innen mit Asplenie seltener auch durch andere Erreger schwer erkranken. So kann unter anderem eine Malaria bei Patienten mit Asplenie gefährlich verlaufen. Deshalb sollten sich alle betroffenen PatientInnen vor Reisen in tropische Länder über entsprechende Schutzmaßnahmen bei einer reisemedizinischen Beratungsstelle informieren. Gleiches gilt für Länder, in denen die Meningokokken-Hirnhautentzündung weit verbreitet ist (West- und Zentralafrika bis Äthiopien, Naher Osten, Brasilien, seltener Indien, Nepal und Mongolei).
Hunde und Katzenbisse können in seltenen Fällen bei Asplenie zu lebensbedrohlichen Infektionen führen. Deshalb sollte jede tiefe oder blutende Bisswunde umgehend von einem Arzt untersucht werden und bei Infektionszeichen oder Fieber sofort mit einem Antibiotikum behandelt werden.
Bei Zeckenbissen kann selten eine lebensbedrohliche Parasiteninfektion (Babesiose) übertragen werden. Babesieninfektionen kommen in Nordamerika häufiger vor, Einzelfälle sind aber auch in Europa beschrieben worden. Bei häufigen Aufenthalten in der Natur sollten PatientInnen ohne Milz sich deshalb vor Zeckenbissen schützen (lange Hosen, Sprays oder Lotionen zum Mücken- und Zeckenschutz). Bei Fieber oder Krankheitsgefühl nach Zeckenbissen sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.